Wie mit schreienden Menschen umgehen?

Frau schreit in den Hörer im Festnetz

Ist dir das schon einmal passiert?

 

Jemand wird dir gegenüber laut, brüllt dich an oder rastet sogar aus. Wie vom Donner gerührt, stockt dir der Atem und Stress breitet sich in deinem Körper aus.

 

Hilflos fragst du dich, ob du dich in dieser Situation lieber klein machen solltest, bis das Donnerwetter vorübergezogen ist? Oder wäre es an der Zeit, dir das auf gar keinen Fall gefallen zulassen und du verbittest dir beim Schreihals so ein Verhalten?

 

(Anm. „Aufgrund der besseren Lesbarkeit habe ich mich im Text für das generische Maskulinum entschieden. Gemeint sind immer alle Geschlechter.“).

In diesem Blog-Artikel erkläre ich dir, warum uns menschliche Schreie beunruhigen und was hinter dem Verhalten von Schreihälsen steckt.

Wie kannst du Fehler vermeiden, einen konstruktiven Umgang zu dir und dem Schreihals gestalten? Du erfährst welche Worte und Gesten helfen können, in solchen hitzigen Momenten, gelassen zu bleiben und deine Selbstachtung zu bewahren. Falls dir das bis jetzt noch nicht gelungen ist, kannst du auch im Nachhinein etwas für dich und deinen Selbstwert tun.

1. Warum beunruhigen uns menschliche Schreie?

Menschliche Schreie können uns stark verunsichern und uns in einen Zustand von Angst und Alarmbereitschaft versetzen. Diese Aspekte kommen dabei zum Tragen.

Aus der Evolution heraus ist unsere Reaktion auf Schreien zum Teil instinktiv. Sie warnen uns vor drohenden Gefahren. Verantwortlich dafür ist die Amygdala (Mandelkern) im Gehirn. Sie lässt uns auf Schreien reagieren und sorgt für Sicherheit.

Laut schreien kann auch eine Form der Kommunikation sein, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen soll, wenn sich Menschen in einer Notlage befinden und auf diese Art und Weise um Hilfe bitten. Unser Gehirn interpretiert Schreien als Zeichen dafür, dass jemand in Schwierigkeiten ist. Wir empfinden MitGefühl und unsere Hilfsbereitschaft wird aktiviert.

Durch Schreien drücken wir ungebremste intensive Emotionen aus. Angst, Wut, Scham oder Frustration. Auch vor Freude schreien wir, doch darum geht es in diesem Beitrag nicht. Wenn uns jemand anschreit, werden wir Zeuge eines emotionalen Ausbruchs. Sehen wir es nicht im Voraus kommen oder können wir es nicht kontrollieren, beunruhigt uns menschliches Geschrei.

Schreien stört uns, weil wir uns üblicherweise ruhig und kontrolliert ausdrücken. Der Schreihals durchbricht mit seinem Verhalten soziale Normen. Das eigene innere Gleichgewicht kann aus der Balance geraten.

2. Was hinter dem Ärger des Schreihalses steckt?

Manchmal treffen wir auf Menschen, die ihre Emotionen durch lautes Schreien ausdrücken. Mit jemandem umgehen, der dir gegenüber laut wird und dich anschreit, kann herausfordernd sein. Oft wirkt sich das auf die eigene innere Balance aus und das Selbstwertgefühl wird geschwächt.

Herumbrüllen weist auf verschiedene, tiefere Gründe und seelische Aspekte hin, wie etwa:

Emotionale Verletzungen
Wer brüllt, ist nicht stark, sondern innerlich schwach und unsicher. Menschen, die andere anschreien, haben meist selbst frühe emotionale Verletzungen erfahren. Oft sind sie als Kind selbst angeschrien worden und haben beschlossen, dass sie sich nie wieder so ohnmächtig fühlen wollen. Sie wollen die narzisstische Kränkung, ihre eigene Ohnmacht und Minderwertigkeit nicht spüren, schüchtern andere ein und üben vorzugsweise selbst Macht aus. Schreien kann auch ein Versuch sein, diese Schmerzen auszudrücken oder Kontrolle über eine Situation zu erlangen.

Geringe Fähigkeit zur Selbstregulation
Das Schreien kann ein ungesunder Ausdruck ihrer Frustration, Angst und Wut sein. Es fällt ihnen schwer, mit Stress umzugehen. Ihre Emotionen angemessen zu regulieren, bereitet ihnen Schwierigkeiten. Sie schaffen es nicht, zwischen einem Reiz und ihrer Reaktion darauf, eine Pause zu machen.

Kommunikationsdefizite
Eigene Bedürfnisse und Gefühle zu kommunizieren fällt manchen Menschen schwer. Schreien kann so ein Versuch sein, Aufmerksamkeit zu erregen oder eine Botschaft zu vermitteln, auch wenn dies auf ungesunde Weise geschieht.

3. Häufiger Fehler im Umgang mit Schreihälsen

Empörte Frau im Café

Beim Umgang mit Schreihälsen machen wir von Zeit zu Zeit aus unterschiedlichen Gründen Fehler, die die Situation noch verschlimmern.

 

Hier nenne ich einige der häufigsten Fehler, die du vermeiden kannst:

Du rufst zum Gegenangriff, lässt dich auf das gleiche aggressive Niveau ein und brüllst zurück. Dies führt oft zu einer Eskalation des Konflikts und erschwert eine Lösung.

Du ignorierst das Problem und wertest die Gefühle der schreienden Person ab. Dies führt dazu, dass das Problem nicht dauerhaft gelöst wird und die Person sich nicht gehört fühlt.

Der für mich vorherrschende Fehler im Umgang mit Schreihälsen ist, dass du sein Verhalten als persönlichen Angriff begreifst. Das ist für dich nicht hilfreich, denn damit schwächst du deinen eigenen Selbstwert.

 

4. Hilfreiche Tipps im Umgang mit schreienden Menschen

Niemand hat das Recht, dich anzuschreien. Manch ein Schreihals rechtfertigt oder bagatellisiert das eigene Verhalten mit Sätzen wie: „Du hast mich doch provoziert.“, oder „Früher war ich noch schlimmer.“

Um einen Umgang mit Schreihälsen zu fördern, der konstruktiv ist, können folgende Tipps hilfreich sein:

  • Bleibe ruhig und bewahre deine eigene Gelassenheit. Dies kann deeskalierend auf die Situation wirken.
  • Höre aufmerksam zu und versuche, die Bedürfnisse und Gefühle der schreienden Person zu verstehen. Spiegel die Aussagen des Schreihalses, um zu zeigen, dass du ihn gehört hast.
  • Setze klare Grenzen und spreche respektvoll mit der schreienden Person. Zeige, dass du zuhörst, solange das Gespräch im angemessenen Ton stattfindet.
  • Versuche Verständnis, für die Gründe, hinter dem Schreien zu erkennen, ohne das Verhalten zu billigen. Hier kommt deine Gabe zur Empathie zum Tragen. Zeige MitGefühl für die Person und ihre Emotionen.
  • Schütze dich selbst, wenn die Situation zu eskalieren droht oder sich bedrohlich anfühlt. Es ist wichtig, dass du dein eigenes Warnsystem ernst nimmst, um deine eigene Sicherheit zu gewährleisten. Gehe gegebenenfalls aus der Situation und suche Unterstützung.

 

Diese Formulierungen können im Umgang mit schreienden Menschen helfen:

  • Wenn du mich anschreist, kann ich kein Wort verstehen. Ich möchte dir zuhören, damit ich nachvollziehen kann, was dich so aus der Fassung bringt.
  • Du sprichst mit mir in einer verletzenden Weise. Ich werde jetzt gehen. Wenn du dich beruhigt hast, kannst du mich anrufen und wir sprechen in Ruhe weiter.
  • Bist du jetzt fertig oder möchtest du noch etwas ergänzen?
  • Wie wollen wir miteinander sprechen, zivilisiert oder brüllend? (Diese Formulierung ist weniger diplomatisch, jedoch effektiv.)

5. Selbstfürsorge: Schau auf dich!

Dich hat jemand angeschrien und du nimmst dieses Verhalten persönlich? Dein geringes Selbstwertgefühl meldet sich deutlich zu Wort. Du fühlst dich wie ein gerupftes Huhn oder ganz klein mit Hut?

Wenn wir solchen Situationen noch nicht gewachsen sind, ist meine dringende Empfehlung: Schau auf dich! Nimm dir Zeit für dich, denn solche Situationen können kräftezehrend sein.

Immer und immer wieder läuft die Situation vor deinem inneren Auge ab. Vielleicht denkst du, was habe ich bloß falsch gemacht? An dieser Stelle möchte ich dich stoppen, denn das sind wenig hilfreiche Gedanken. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, deinen Schmerz wahrzunehmen und zu spüren. Lasse SelbstMitGefühl zu und sorge für dich, indem du deine Ressourcen aktivierst.

Mach dir immer wieder klar, dass das Schreien nichts mit deinem Selbstwert zu tun hat, sondern mit dem Selbstwert der schreienden Person. Wenn du dich wieder stabil fühlst, überlege dir, ob und wie du im Nachhinein der schreienden Person gegenüber deine Grenze setzen möchtest. Du kannst das nachholen und es ist unter Umständen eine wichtige Lernerfahrung für dich. Das kann eure Beziehung fördern und du stabilisierst damit deine Würde und Selbstachtung.

Es kann sinnvoll sein, zu reflektieren, ob du häufiger angeschrien wirst. Dies kann ein Hinweis darauf sein, einmal zu schauen, inwieweit du deine Grenzen klar hast und sie nach außen verkörperst.

Lass dir Zeit und versuche nicht, alle Tipps gleichzeitig umzusetzen. Mit Schreihälsen, mit dir selbst und deinen eigenen Kränkungen konstruktiv umzugehen, ist ein Prozess, der Zeit braucht.

6. Fazit

Im Umgang mit Schreihälsen ist es wichtig, sich der Reaktionen und Muster bewusst zu sein und diese zu erkennen. Herumbrüllen weist häufig auf tiefere seelische Nöte hin und ist als emotionale Gewalt einzuordnen.

Mut zur Selbstreflexion, Empathie, MitGefühl für dich selbst fördern in erster Linie den Kontakt zu dir selbst. Gleichzeitig ist es der Ausgangspunkt für einen konstruktiven Umgang mit dem Schreihals.

Manchmal kann es hilfreich sein, sich professionelle Hilfe zu suchen, wenn der Umgang mit schreienden Menschen noch zu herausfordernd ist.


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